Privat-Rechtsschutzversicherung allgemein
Bevor wir in die Tiefen der Privatrechtsschutzversicherung einsteigen, wollen wir noch einmal das Thema Rechtsschutz allgemein auffrischen. Grundsätzlich hilft dir eine Rechtsschutzversicherung, deine Ansprüche gegen andere gerichtlich oder außergerichtlich durchzusetzen.
Sie übernimmt die Kosten für Anwälte, Gerichte und Gutachten.
Voraussetzung ist, dass Aussicht auf Erfolg besteht.
Ein völlig sinnloses Unterfangen bekommst du also nicht bezahlt. Geht der Prozess dennoch verloren, übernimmt die Versicherung die Kosten. Gewinnst du, muss ja (in der Regel) die Gegenseite die Kosten erstatten. Die Versicherung übernimmt also nur das Kosten-Risiko für den Fall, dass du unterliegst. Die Kosten für ein Verfahren richten sich nach dem Streitwert. Wenn du durch mehrere Instanzen prozessierst, kommen dadurch schnell zehn- oder hunderttausende Euro an Kosten auf dich zu.
Passiver Rechtsschutz
Neben dem aktiven Rechtsschutz, also die Durchsetzung deiner Ansprüche gegen andere, gibt es noch den passiven Rechtsschutz.
Der hilft dir also, wenn jemand Ansprüche gegen dich geltend macht, weil du z.B. vermeintlich sein Auto kaputtgemacht hast.
Dieser passive Rechtsschutz ist immer in deinen Haftpflichtverträgen (Privathaftpflicht, Tierhalterhaftpflicht, KFZ-Haftpflicht usw.) enthalten.
Deine Haftpflichtversicherung prüft, ob der Anspruch des anderen gerechtfertigt ist oder nicht. Wenn nicht, wehrt sie den Anspruch zur Not auch vor Gericht für dich ab. Wenn es dir also nur darum geht, dich gegen ungerechtfertigte Forderungen anderer abzusichern, brauchst du keine Rechtsschutzversicherung.
Ein Sonderfall ist das Thema Strafrecht. Mehr dazu weiter unten.
Privat-Rechtsschutzversicherung
Der erste Bereich betrifft dich als Privatperson. Dabei geht es um alle möglichen privatrechtlichen Verträge, die du so abschließen kannst und die nicht ausgeschlossen sind. Für ausgeschlossene Bereiche wie Arbeits- oder Mietverträge gibt es dann die Zusatzbausteine. Verträge, die zu den versicherten zählen, sind bzw. betreffen z.B.: Reisen, Kaufvertrag, Handyvertrag, Gewährleistung nach einer Reparatur usw.
Weiterhin sind Streitigkeiten aus z.B. Unfällen als Fußgänger:in, Fahrradfahrer:in oder Fahrgast abgedeckt. Wenn dir also beim Fahrradfahren jemand seine:ihre Autotür vor der Nase öffnet und du einen Unfall hast, greift die Rechtsschutzversicherung.
Weitere Bereiche, für die Versicherungsschutz haben kannst: Steuer-, Sozial- und Verwaltungsrechtsschutz. Wenn du also Ärger oder Streitigkeiten mit Behörden oder Sozialversicherungsträgern hast, unterstützt dich der Versicherer bei der Durchsetzung deiner Ansprüche.
Berufs-Rechtsschutzversicherung
Sobald du Angestellte:r bist oder in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (Beamt:in, öffentlicher Dienst, Richter:in usw.) stehst, betrifft dich dieses Feld. Beim Arbeitsrecht gibt es eine Besonderheit gegenüber den anderen Bereichen:
Hier zahlt jede Partei die erste Instanz selbst, egal, wie das Verfahren ausgeht. Der Streitwert richtet sich hierbei i.d.R. nach dem Einkommen der letzten X Monate oder der Abfindungshöhe. Dadurch kommst du schnell in empfindliche Höhen.
Zu den Bereichen, die auf der Hand liegen, gehören Streitigkeiten aus der Verletzung von Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag und den Arbeitsgesetzen sowie Kündigungen. Diese Fälle dürfte die Mehrheit der vor Gericht bearbeiteten Fälle sein. Was auf den ersten Blick gern vergessen wird, sind Themen wie Vorwurf von Mobbing und Diskriminierung; Probleme mit der Kurzarbeit; Elternzeit.
Ein weiterer sehr großer Bereich sind die Sozialabgaben. Dort geht es um fehlende oder falsche Meldungen; zu geringe Abführung oder falsche Festsetzung von Beiträgen.
Aufgrund der Häufigkeit und der potenziellen Schadenhöhe empfehlen wir allen Angestellten, über diesen Baustein nachzudenken.
Eine Besonderheit ist der sog. Anstellungsvertragsrechtsschutz. Geschäftsführer:innen und Manager:innen haben keinen Arbeitsvertrag, sondern einen Anstellungsvertrag. Sie unterliegen damit nicht dem Arbeitsrecht, sondern dem Handelsgesetzbuch und dem BGB. Sie haften deutlich umfassender als „normale“ Angestellte. Die Streitwerte sind aufgrund der meist höheren Gehälter deutlich höher als im „normalen“ Arbeitsrechtsschutz. Hierfür brauchst du den Anstellungsvertragsrechtsschutz. Den empfehlen wir allen Vertreter:innen von Organen dringend.
Rechtsschutzversicherung bei Immobilien
Wenn du deine Wohnung gemietet hast, können Probleme entstehen. Es gibt zwar einen starken Mieterschutz, aber ihn durchzusetzen, steht auf einem anderen Blatt. So kann es sein, dass dich dein:e Vermieter:in kurzfristig wegen Eigenbedarf kündigt; geforderte Renovierungen nicht vornimmt oder Fehler mit der Nebenkostenabrechnung auftreten.
Als Alternative kannst du den Mieterschutzbund prüfen. Der hilft dir bei der Prüfung von Verträgen oder der Nebenkostenabrechnung. Außerdem bietet er Beratung an, um herauszufinden, was deine Rechte überhaupt sind. Allerdings kann dich der Mieterschutzbund nicht gerichtlich vertreten. Geht es also vor Gericht, trägst du das volle Kostenrisiko.
Möglicherweise gehört dir auch eine Immobilie. Dann können Probleme mit Behörden oder Dienstleistern (Hausverwaltung) aufreten. Vielleicht vermietest du das Objekt teilweise. Dann fallen unter diesen Bereich auch Streitigkeiten mit den Mieter:innen, wie z.B. nicht oder nicht rechtzeitig gezahlte Miete. Hier musst du aber auf die Bedingungen achten, ob solche Fälle vom Versicherungsschutz erfasst sind.
Wenn du baust, können Probleme auftreten. Da es hier meist um sehr große Schadensummen geht, ist der Versicherungsschutz wenn überhaupt sehr eingeschränkt. Du solltest hier auf die zugesagten Deckungssummen achten.
Verkehrs-Rechtsschutzversicherung
Hier sind wir im Bereich des Verkehrsrechts. Das betrifft dich, wenn du entweder ein eigenes Auto hast mit oder Fahrzeuge mietest.
Verursacht ein Dritter einen Unfall und die gegnerische Versicherung weigert sich zu zahlen, hilft dir der Baustein, deine Ansprüche notfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Entstehen durch den Unfall nicht nur unmittelbare Blechschäden, sondern auch Folgeschäden durch den Ausfall des Termins oder gar Personenschäden, steigt der Streitwert und damit die Verfahrenskosten ganz enorm. Stell dir vor, du hast einen Vortrag in einer anderen Stadt. Durch den Unfall kannst du den Termin nicht wahrnehmen und folglich auch keine Rechnung schreiben. Diesen sog. Unechten Vermögensschaden möchtest du ebenfalls geltend machen.
(Spezial-)Straf-Rechtsschutzversicherung
Gibt es den Vorwurf einer Straftat gegen dich und einen begründeten Anfangsverdacht, muss der Staat gegen dich ermitteln.
Zunächst klingt das weit weg von dir, schließlich hältst du dich immer an Recht und Gesetz. Doch stell dir vor, ein:e Passant:in verletzt sich schwer auf dem Weg vor deinem Haus. Dann steht der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung im Raum. Oder dein:e Arbeitgeber:in wirft dir Diebstahl vor.
Du siehst, so unwahrscheinlich wie zunächst angenommen, ist es gar nicht, dass eines Tages die Polizei vor deiner Tür steht. Aus diesem Grund kann der Baustein sinnvoll sein.
In einem solchen Fall unterstützt dich der Baustein Strafrechtsschutz. Einerseits übernimmt er die Kosten für eine:n versierte:n Strafverteidiger:in, eine mögliche Kaution und die anderen Auslagen. Achten solltest du vor allem auf die Ausschlüsse. Viele Versicherer schließen den Bereich der Verbrechen aus. § 12 des Strafgesetzbuches sagt:
Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.
Pech, wenn du einer solchen Tat bezichtigt wirst und dein Versicherer sagt: Das haben wir leider ausgeschlossen.
Ebenso gibt es Taten, die man nur vorsätzlich begangen haben kann. Darunter fällt z.B. Betrug oder Diebstahl. Man kann nicht fahrlässig betrügen oder stehlen. Auch hier sagen zahlreiche Versicherer: Beim Vorwurf vorsätzlicher Straftaten (auch, wenn du freigesprochen würdest) leisten wir nicht.
Klar muss aber sein: Wirst du rechtskräftig verurteilt, verlangt der Versicherer die ausgelegten Kosten von dir zurück.
Weitere Deckungen in einer Privat-Rechtsschutzversicherung
Es gibt zahlreiche weitere Einschlüsse, je nach Versicherer und Tarif. Das Feld ist hier sehr weit. Hier musst du also im Zweifel die Bedingungen bzw. die Leistungsübersichten studieren oder deine:n Vermittler:in fragen. Mögliche Felder sind:
- Erb-Rechtsschutz
- Rechtsschutz im Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrecht
- Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz
- Rechtsschutz für Patienten- und Sorgerechtsverfugung inklusive Organspendeausweis
- Rechtsschutz zur Testamentserstellung, eines digitalen Nachlasses und einer Bestattungsverfugung
- Rechtsschutz für Opfer von Gewaltstraftaten
- Rechtsschutz in Ehesachen
- Rechtsschutz in Unterhaltssachen
- Internetrechtsschutz
In einigen Bereichen hast du einen sog. Beratungsrechtsschutz. Das bedeutet, dass die Kosten für die Beratung mit einem:einer Anwalt:Anwältin bis zu einer bestimmten Summe (z.B. 1.000€) übernommen werden. Was darüber hinausgeht, trägst du selbst. Kosten für Streitigkeiten vor Gericht (z.B. Scheidungsprozess uä) werden dagegen nicht bezahlt.
Fazit und Tipps zur Privat-Rechtsschutzversicherung
„Butter bei die Fische“Aus unserer Sicht gibt es zwei Bereiche, bei denen du über einen Abschluss nachdenken solltest: Beruf- und Immobilie. Beim Berufsrechtsschutz ist das Kostenrisiko in der ersten Instanz in jedem Fall bei dir. Außerdem geht es hier schnell um recht hohe Summen. Beim Immobilienrechtsschutz betrifft einen sehr intimen und elementaren Bereich: deine Wohnung. Aufgrund des angespannten Wohnungsmarkts kann die Deckung für Ruhe sorgen. Alle anderen Optionen halten wir für maximal optional.
Bei allem gilt:
Ein gut gefüllter Notgroschen wirkt ebenfalls wie eine Privat-Rechtsschutzversicherung.
Er sorgt dafür, dass du dir nötigen Rechtsbeistand vor einer Streitigkeit holen kannst. Geht es jedoch vor Gericht oder sogar durch mehrere Instanzen, kann es schnell eng werden. Lasse dich nicht von der schieren Zahl von Bausteinen in deiner Privat-Rechtsschutzversicherung blenden.
Wichtiger als das, was versichert ist, ist das, was nicht versichert ist.
Du solltest daher ganz genau die Ausschlüsse und Begrenzungen kennen, damit es nicht später ein böses Erwachen gibt.
Damit dein Versicherer die möglichen Kosten auch übernimmt, solltest du vorher immer den Versicherer konsultieren und um Deckungsübernahme bitten. Gegebenenfalls verlangt er noch weitere Informationen, um die Aussicht auf Erfolg einschätzen zu können. Was nicht funktioniert:
Anwalt beauftragen, Klage einreichen und danach zum Versicherer gehen.
Solltest du Fragen oder Wünsche zur Absicherung deines Rechtsschutzes haben, vereinbare gern ein kostenfreies Kennenlern-Gespräch mit uns!