Das Elterngeld ist eine tolle Familienleistung, aber auch Bürokratiemonster. In unserem Gastbeitrag erklärt Felix Böhme, Gründer und Geschäftsführer von Einfach Elterngeld, auf was du achten solltest.
Was ist Elterngeld?
Elterngeld ist eine staatliche Sozialleistung für dich, wenn du nach der Geburt deines Kindes deine Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung einstellst, bzw. einschränkst. Als Entgeltersatzleistung, vergleichbar mit dem Arbeitslosen- und Krankengeld, unterstützt es euch nach der Geburt eures Kindes.
Wer bekommt Elterngeld?
Um es zu beantragen, müsst ihr 5 Grundvoraussetzungen erfüllen:
- Wohnsitz oder euren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland
- Ihr lebt mit eurem Kind im selben Haushalt
- Ihr betreut und erzieht das Kind selbst
- Während des Elterngeldbezuges seid ihr maximal mit 30 Wochenstunden erwerbstätig
- Euer zu versteuerndes Einkommen im Jahr vor der Geburt betrug nicht mehr als 200.000 EUR (seit 01.04.2024). Ab 01.04.2025 sinkt der Betrag auf 175.000 EUR.
Wie hoch ist das Elterngeld?
Die Grundvoraussetzungen sind überschaubar. Es ersetzt dein Nettoeinkommen der letzten 12 Monate vor der Geburt zu etwa 65%. Du bekommst mindestens 300€ im Monat, maximal 1.800€ pro Monat.
Wie lange gibt es Elterngeld?
Basiselterngeld bekommst du längstens für 12 Lebensmonate. Wenn du es beantragen möchtest, musst du dich aber für mindestens 2 Monate entscheiden.
Was ist Elterngeld Plus?
Elterngeld Plus klingt zunächst etwas irreführend, weil es suggeriert, mehr Geld zu bekommen. In Wirklichkeit ist es aber ein „mehr“ an Zeit. Ihr könnt, anstelle eines Basiselterngeldmonats, zwei Elterngeld Plus Monate und bekommt dann aber nur die Hälfte des Elterngeldes. Im Endeffekt verteilt ihr euren Elterngeldanspruch dadurch über mehrere Monate.
Tipp: Im Gegensatz zum Basiselterngeld könnt ihr bei Elterngeld Plus ungefähr euer hälftigen vorgeburtlichen Nettoeinkommen dazuverdienen, ohne dass es gekürzt wird. Aber: pauschale Beträge kann man hier nicht einfach so nennen, das „optimale“ Elterngeld Plus Brutto wird in einer komplexen Berechnung ermittelt.
Welche Neuregelungen für Geburten ab dem 1. April 2024 gibt es?
Neben der oben genannten Änderung zur Einkommensgrenze als Grundvoraussetzung für die Elterngeldberechtigung selbst, führte der Gesetzgeber für Eltern, deren Kinder ab dem 01.04.2024 geboren wurden, folgende Beschränkung beim Basiselterngeld-Bezug ein:
Eine gleichzeitige Inanspruchnahme von Basiselterngeld ist dann grundsätzlich nur noch für maximal einen Monat und ausschließlich innerhalb der ersten zwölf Lebensmonate des Kindes möglich. Diese Neuregelung betrifft lediglich den gleichzeitigen Bezug von Basiselterngeld. Sobald ein Elternteil ElterngeldPlus bezieht, kann der andere Elternteil auch länger als einen Monat gleichzeitig Basiselterngeld oder ElterngeldPlus erhalten.
Die Monate, in denen die Mutter Mutterschaftsleistungen bezieht, gelten weiterhin als Basiselterngeldmonate der Mutter (meistens LM 1+2, ggf. länger!). Grundsätzlich kann Basiselterngeld bis zum 14. Lebensmonat des Kindes bezogen werden, wenn beide Elternteile Elterngeld beantragen und einer der Elternteile weniger Einkommen hat als zuvor. Ab dem 13. Lebensmonat kann jedoch nur ein Elternteil Basiselterngeld erhalten, wenn der andere Elternteil im selben Zeitraum entweder kein Elterngeld oder ElterngeldPlus bezieht.
Eltern von Frühchen, die mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin geboren werden, Eltern von Zwillingen, Drillingen oder weiteren Mehrlingen sowie Eltern von neugeborenen Kindern mit Behinderung und Geschwisterkindern mit Behinderung, für die sie den Geschwisterbonus erhalten, können weiterhin nach Bedarf und insbesondere für mehr als einen Monat gleichzeitig Basiselterngeld beziehen.
Welche Auswirkungen hat Elterngeld auf die Rente und Krankenkasse?
Während einer 100%igen Elternzeit sind gesetzlich Pflichtversicherte beitragsfrei weiterhin kranken- und pflegeversichert. Der Bund übernimmt sogar sog. Kindererziehungszeiten für die Rentenversicherung. Der „Staat“ zahlt in die Gesetzliche Rentenversicherung ein so als würdest während der Elternzeit monatliches etwa 3.000€ brutto verdienen. Achtung: Letzteres gilt jedoch nur für ein Elternteil und nicht für beide Eltern, wenn sie parallel in Elternzeit sind.
Freiwillig gesetzlich versicherte, sowie privat krankenversicherte müssen auch während der Elternzeit Beiträge zahlen, bitte wende dich dazu an deine Krankenversicherung. Hier greifen die individuellen Regelungen deiner Krankenkasse.
Muss ich Elterngeld versteuern?
Es wird zwar steuerfrei ausgezahlt, unterliegt jedoch, wie Mutterschaftsgeld, Krankengeld, Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, etc. dem sog. Progressionsvorbehalt in der Einkommensteuer. Das bedeutet, dass eure Progressionseinkünfte euren individuellen Einkommensteuersatz nachträglich erhöhen. Dadurch kann es vereinzelt zu Steuernachzahlungen kommen.
Tipp: Verheiratete sollten, um auf Nummer sicher zu gehen, während der Elternzeit die Steuerklassenkombination IV/IV wählen, um genug Einkommensteuer vorauszuzahlen.
Hinweis: Wer über 410€ Progressionseinkünfte pro Kalenderjahr erhält, muss eine Einkommensteuererklärung abgeben. Die Finanzämter kommen ggf. erst Jahre später auf euch zu und fordern die Steuererklärung an. Um hier nicht überrascht zu werden, solltest du frühzeitig mit deinem*deiner Steuerberater*in die Einkommenssteuer klären.
Wann sollte ich mich mit Elterngeld beschäftigen?
Wie bei der Hebammensuche gilt hier, besser zu früh als zu spät. Wenn du dich rechtzeitig mit dem Thema beschäftigst, kannst du die Höhe des Elterngelds verbessern. Viele Eltern beschäftigen sich tatsächlich schon vor der Schwangerschaft selbst mit dem Thema, was stellenweise durchaus sinnvoll sein kann.
Wann beantrage ich Elterngeld?
Du kannst es erst nach der Geburt des Kindes beantragen, weil erst dann Geburtsdatum und Name des Kindes „feststehen“. Überdies liegen die anspruchsbegründenden Unterlagen meist erst ca. zwei bis drei Wochen nach der Geburt vor (Geburtsurkunde, Mutterschaftsgeldbescheinigungen, Arbeitgeberbescheinigungen, etc.).
Wo beantrage ich Elterngeld?
Du beantragst es bei der Elterngeldstelle deines Wohnsitzes. Du findest die die Kontaktangaben online. Das Elterngeld musst du auf den offiziellen Formblättern schriftlich (Fax und E-Mail sind nicht zulässig) beantragen. Eine digitale Lösung gibt es derzeit noch nicht. Die Bearbeitungsdauer liegt meist zwischen 6 und 10 Wochen. Allerdings gibt es hier regional leider starke Unterschiede.
3 Tipps, die Gold wert sind
Einkommen optimieren
Als Angestellte*r solltest du deine Bruttobezüge (laufend und pauschal versteuerten Lohnbestandteile) im sog. Bemessungszeitraum (das ist der 12 Monats-Vergleichszeitraum, der die Höhe deines Elterngeldes bestimmt) möglichst erhöhen. Dafür kannst du folgendes machen:
- Verzichte auf Entgeltumwandlungen in diesem Zeitraum.
- Verteile Einmalzahlungen auf die einzelnen Monate um
- Handle Lohnerhöhungen (wenn auch zeitweise) aus.
- Nachzahlungen aus früheren Monaten sollten möglichst im Bemessungszeitraum gezahlt werden.
- Lasse dir Überstunden auszahlen, statt sie abzufeiern.
- Lohnnachzahlungen im Bezugszeitraum des Elterngeldes solltest du aufgrund eines neuen Urteils des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 27.06.2019, Aktenzeichen: B 10 EG 1/18 R) unbedingt vermeiden. Sprich dazu mit deinem Arbeitgeber.
Gewinn erhöhen
Wenn du selbstständig bist, solltest du dich mit deinem*deiner Steuerberater*in zusammensetzen. Besprecht, wie du deinen Gewinn im Bemessungszeitraum möglichst erhöhen kannst. Je höher dein Gewinn, desto dein Elterngeld (bis maximal 1.800€). Berücksichtige und besprich aber in jedem Fall die Vor- und Nachteile der Optimierung. Denn: Je höher dein Gewinn, desto höher auch deine Einkommensteuer.
Sich kümmern
Das Thema nicht ignorieren. Ja es ist komplex, aber wenn du dir erst nach der Geburt Gedanken dazu machst, ist Frust vorprogrammiert.
3 Fehler, die du vermeiden solltest
Lebensmonatsprinzip nicht beachtet
Das Elterngeld wird für Lebensmonate des Kindes bewilligt. Wenn das Kind also zum 20. des Monats geboren wird, dauern die Lebensmonate vom 20. zum 19. des Folgemonats. Insbesondere bei der Beantragung solltest du das Lebensmonatsprinzip beachten.
Als Angestellte*r gibt es drei zeitliche Abschnitte:
- mit Elterngeld und Gehalt
- nur Elterngeld
- weder Gehalt noch Elterngeld
Im ersten Zeitraum (mit Elterngeld und Gehalt) wird dir das Elterngeld aufgrund des Zuverdienstes sehr wahrscheinlich gekürzt. Im schlimmsten Fall fällst du sogar komplett aus dem Anspruch. Der Grund: Der Zeitraum mit Elterngeld- und Lohnbezug dauert so lange, dass du bei einer Vollzeitbeschäftigung über 30 Wochenstunden im Lebensmonat erwerbstätig warst.
Dienstwagen und Co
Wenn du einen Dienstwagen oder eine Dienstwohnung hast, (Gesellschafter-)Geschäftsführer bist, eine Photovoltaikanlage betreibst oder Mitunternehmer einer Personengesellschaft bist und dich vorher nicht informierst, kannst du „auf die Nase fallen“.
Hier gibt es stellenweise so viele Besonderheiten, dass eine umfassende Beratung sehr wichtig ist. Oft gibt es hier viel Gestaltungspotential, welches ihr schlichtweg liegen lasst, wenn ihr eure Möglichkeiten nicht auslotet.
Ungeprüft lassen
Wenn du selbstständig bist ohne weitere Prüfung sagen, dass das Elterngeld für dich nicht in Betracht kommt. Hier lassen viele regelmäßig Geld liegen.
Fazit
Elterngeld ist eine wichtige Hilfe für Familien. Leider sind die Regelungen sehr komplex. Am besten lässt du vorher dazu beraten!
Die Berechnung und Planung des Elterngeldes ist komplex und durch die Neuregelungen noch undurchsichtiger geworden. Mit dem Elterngeldrechner von Einfach Elterngeld könnt ihr schnell und einfach euren Anspruch berechnen und den Bezugszeitraum planen.
Über den Autor
Felix Böhme, 4facher Vater, Diplom Finanzwirt (FH) und längjähriger Elterngeldberater gründete 2015 das Internet-Informationsportal “Einfach Elterngeld“. Neben vielen kostenfreien Inhalten, Videos und einem Elterngeldrechner hat sein Unternehmen die erste Elterngeldberatungssoftware auf den Markt gebracht. Überdies stehen er und sein Team Eltern im Rahmen von persönlichen Beratungsangeboten zur Verfügung.