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Schwere-Krankheiten-Versicherung einfach erklärt

Die Schwere-Krankheiten-Versicherung (Dread-Disease- oder Critical-Illness-Versicherung) fristet noch immer ein Nischendasein in Deutschland. Wir haben uns mit Experte Philip Wenzel einmal drüber unterhalten. Wir wollten wissen, wie sie funktioniert, wer sie braucht und worauf beim Abschluss zu achten ist.

Die Schwere-Krankheiten-Versicherung (Dread-Disease- oder Critical-Illness-Versicherung) fristet noch immer ein unverständliches Nischendasein in Deutschland. Wir wollten wissen, wie sie funktioniert, wer sie braucht und worauf beim Abschluss zu achten ist. Mit unserem geschätzten Kollegen Philip Wenzel haben wir uns über das Produkt unterhalten.

Ok, stell dir vor, ich bin fünf Jahre alt. Erklär mir mal, wie die Schwere-Krankheiten-Versicherung funktioniert!

Dann interessierst du dich für komische Sachen, so für nen Fünfjährigen… Es ist eine Versicherung, die dir eine vereinbarte Menge Geld gibt, wenn du eine Krankheit hast, die so in den Bedingungen beschrieben ist. Für alle mit ein bisschen Hintergrund: Es ist vergleichbar mit der Risikolebensversicherung, nur dass eben schon vorher gezahlt wird und die aufgezählten Krankheiten auch mal überlebt werden.

Wann bekomme ich eine Leistung? Wann bekomme ich kein Geld?

Du musst den Eintritt einer beschriebenen Krankheit für 14 oder 28 Tage überleben, dann kannst du den Leistungsantrag stellen. Mit der passenden Diagnose könnte dann schnell reguliert werden. Vielleicht hat der Versicherer an der einen oder anderen Stelle noch Fragen, aber grob gesprochen könnte da schon geleistet werden. Bei manchen Erkrankungen gibt es darüber hinaus auch noch Wartezeiten, die erfüllt werden müssten. Erkranke ich beispielsweise innerhalb von 3 Monaten an Krebs, dann hab ich da Pech gehabt.

Wer braucht sowas und wer braucht es eher nicht? Wem bietest du sie an?

Bei Finanzierungen ist die Versicherung sehr sinnvoll. Denn eine Krankheit verursacht höhere Kosten als der Tod. Außerdem ist sie deutlich wahrscheinlicher. Bei Geschäftsführern würde die Versicherung ermöglichen, schnell und unkompliziert einen Interimsmanager zu bezahlen.

In beiden Fällen muss ich aber erklären, dass es auch Szenarien gibt, in denen ich schwer krank bin, aber nicht geleistet wird. Entweder ist die Krankheit nicht versichert oder ich habe nicht den verlangten Schweregrad erfüllt.

Kann man eigentlich seine Kinder absichern? Und: Sollte man das?

Bei manchen Anbietern sind Kinder bis zu einem gewissen Betrag automatisch mitversichert. Der Sinn erschließt sich mir nicht vollständig. Klar könnte ich damit meinem Kind eine kostspielige Therapie finanzieren. Aber wieso sollte ich das nur bei den versicherten Krankheiten können müssen und bei anderen Krankheiten nicht? Ich denke, hier gibt es andere, sinnvollere Versicherungen.

Ist es wichtig, wann man sie abschließt? Wenn ja, warum und wann ist es am sinnvollsten?

Je älter, desto teurer. Da es aber eine situativ wichtige Versicherung ist, hilft es mir nix, sie früh abzuschließen, wenn ich sie zu dem Zeitpunkt noch nicht brauche.

Warum sind so viele Krankheiten versichert?

Positiv formuliert: Weil es so viele Krankheiten gibt und am besten alle abgesichert sein sollten. Realistisch gesehen, verkauft es sich besser, wenn eine hohe Anzahl an Krankheiten versichert ist.

Gilt: Je mehr Krankheiten, desto besser?

Oft sind Krankheiten auch mehrfach aufgeführt bzw. eine Gruppe von Erkrankungen dann nochmal als einzelne Krankheiten genannt. So richtig wichtig ist das also nicht.

Oder auf was kommt es wirklich an?

Bei den versicherten Krankheiten sind von der Wahrscheinlichkeit Krebs, Schlaganfall und Herzinfarkt die wichtigsten. Für mich ist die Kalkulation der Versicherung sehr wichtig. Alles, was fondsbasiert ist, birgt das Marktrisiko in sich. Läuft der Fonds nicht, steigt der Beitrag oder ich bekomme nicht mehr die volle Leistung.

Auch wichtig ist, dass die Diagnose explizit als Versicherungsfall genannt ist. Ist das nicht der Fall, könnte der Eintritt der Krankheit als Versicherungsfall gewertet werden. Da könnte es dann das Problem geben, dass der Vertrag jünger ist als die Erkrankung.

Warum kostet die so viel oder manchmal sogar mehr als eine BU?

Die Berufsunfähigkeitsversicherung schützt mein Einkommen bis 67. In der Summe sind da schon mal ne Millionen oder mehr versichert. Für den Versicherer sinkt das finanzielle Risiko über die Laufzeit, weil die monatliche Rente sich nicht mehr so extrem aufsummiert. Logisch, oder?

Eine Schwere-Krankheiten-Versicherung sollte über einen begrenzten Zeitraum ne Menge Geld zur Verfügung stellen. Über eine Laufzeit von 40 Jahren ist der Eintritt einer Erkrankung statistisch viel zu wahrscheinlich und die Summe nimmt nicht ab. Also ist sie viel, viel teurer.

Sichere ich aber 350.000 Euro für 15 Jahre wegen einer Finanzierung ab, dann ist das durchaus bezahlbar.

Wenn ich mich zwischen Berufsunfähigkeit und Schwere-Krankheiten entscheiden muss, weil ich z.B. nicht so viel Budget habe, was hat Vorrang?

Mein Einkommen hielte ich für wichtiger als eine geplatzte Finanzierung. Also die BU.

Welche wesentlichen Vor- bzw. Nachteile hat die Schwere-Krankheiten-Versicherung gegenüber der BU?

Der Nachweis des Leistungsfalles ist in der Regel einfacher.

Welche Bedeutung hat die Schwere-Krankheiten-Versicherung bei der Einkommensabsicherung?

Das Einkommen wird darüber nicht abgesichert. Nur laufende oder einmalige Kosten, die mir bei Eintritt einer schweren Krankheit entstehen. Also der Interimsgeschäftsführer oder auch die Putzhilfe, wenn der Hausmann erkrankt. Und eben Finanzierungen.

Ok, ich habe mich entschieden, eine Schwere-Krankheiten-Versicherung abzuschließen. Wie viel sollte ich absichern und wie lange sollte der Vertrag laufen?

Keine Ahnung. Bei Finanzierungen lässt sich das sehr gut abmessen. Bei Selbständigen, Geschäftsführern oder Hausmännern kommt es drauf an, wie lange ich den Schutz will und wie lange das Geld ausreichen soll.

Die Gesundheitsfragen bei BU und Co sind ja häufig ein Problem. Wie sieht’s hier aus? Was wird da so gefragt und gibt es „K.O.-Krankheiten“?

Das nimmt sich eigentlich nicht viel. Der Rücken ist hier aber eher kein Problem. Psyche kann schon problematisch sein.

Wie läuft das eigentlich im Leistungsfall?

Ich muss nachweisen, dass eine der versicherten Krankheiten bedingungsgemäß eingetreten ist. Das sollte recht leicht sein, weil ich bei allen versicherten Krankheiten auch irgendwie das Eigeninteresse habe, mal zum Arzt zu gehen.

Muss ich die Leistung dann irgendwie versteuern?

Die Auszahlung ist steuerfrei, sofern nicht die Firma die Beiträge für eine Privatperson (Keyperson) gezahlt hat.

Gibt es Mythen und Vorurteile zum Thema Schwere-Krankheiten-Versicherung , die du hier gern widerlegen möchtest?

Es ist keine Alternative zur BU.

Schauen wir mal auf die Anbieterseite. So wirklich viele gibt’s ja bisher nicht. Warum ist das so?

Weil der Markt dafür nicht so groß ist. Die Kunden fragen nicht danach und Vermittler können auch nicht so recht viel damit anfangen.

Wo liegen die größten Unterschiede der Anbieter?

In der Kalkulation. Ich hab mal über eine Excel alle Bedingungspunkte aller Anbieter einzeln verglichen. Da bin ich einige Zeit in den Wahnsinn abgeglitten, geht jetzt aber wieder. Am Ende wird es hier auch nicht um den Punkt auf dem i oder das falschgesetzte Komma gehen. Die Wartezeiten sind wichtig, die Kalkulation und im Streitfall, ob der Versicherungsfall mit der Diagnose oder dem Beginn der Krankheit eintritt.

Warum bieten eigentlich so wenige Makler und Berater das Produkt an?

50%, weil der Bedarf beim Kunden nicht da ist. 50%, weil der Bedarf beim Kunden nicht erkannt wird.

Was ist dein Fazit zur Schwere-Krankheiten-Versicherung?

Wenn es nicht als Alternative zur BU platziert wird, sondern als eigenständiger Schutz, hab ich kein Problem damit. Dem Kunden muss klar gemacht werden, dass es einige Möglichkeiten gibt, dass ich niemals eine Leistung erhalte, obwohl ich nach eigenem Empfinden schwer krank bin. Ob ich dann das Geld für mich und meine Genesung ausgebe oder um Finanzierungen, Firmen oder Haushalte abzusichern, ist dann eine Frage des Bedürfnisses.

Vielen Dank Philip für das Gespräch!

Unser Fazit zur Schweren-Krankheiten-Versicherung

Wenn du also Kinder versorgst, eine Immobilie abbezahlst oder eine Firma führst, solltest definitiv über den Versicherungsschutz nachdenken. Es ist eine gute und sinnvolle Ergänzung des eigenen Absicherungskonzepts. Eine eigenständige Einkommensabsicherung ist sie jedoch nicht und auch keine Alternative zur BU.  Wer allerdings sonst keinen anderweitigen Versicherungsschutz mehr bekommt, kann diese Option prüfen.

Falls ihr Fragen zum Thema habt, meldet euch gern bei uns! Wir unterstützen und beraten euch zum Thema Schwere-Krankheiten-Versicherung.


 

Philip Wenzel ist Versicherungsmakler aus Kemnath (ein Franke irgendwo in Oberpfalz), Buchautor, Referent und Experte für Einkommensabsicherung. Als ehemaliger Lehrer weiß er außerdem nahezu alles. Wir tauschen uns regelmäßig aus und lernen voneinander. Vor kurzem haben wir ihn bei einer Veranstaltung getroffen und über die Möglichkeit eines Interviews gesprochen.

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